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RATGEBER

Kommt das Steingarten-Verbot?

Gestaltungsfreiheit contra Naturschutz

Beton, Kies, Schotter. Kein Grün, kein Leben. Graue Einöde macht sich seit einigen Jahren in immer mehr deutschen Vorgärten breit. Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber der Trend zum vermeintlich pflegeleichten Schottergarten greift um sich. Jetzt wird ein Steingarten-Verbot diskutiert.

Beton, Kies, Schotter. Kein Grün, kein Leben. Graue Einöde macht sich seit einigen Jahren in immer mehr deutschen Vorgärten breit. Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber der Trend zum vermeintlich pflegeleichten Schottergarten greift um sich. Jetzt wird ein Steingarten-Verbot diskutiert.

Gärten des Grauens: Viele Steine. Wenig Leben. Städte sagen den Steingärten den Kampf an.

 

Was ist eigentlich ein Steingarten? Was ist ein Schottergarten?

In der Diskussion um das Steingarten-Verbot geht es im eigentlichen Sinn um sogenannte Schottergärten. Denn Steingärten sind in ihrer ursprünglichen Bedeutung Gärten, bei denen Steine das Trägermaterial für eine üppige Vegetation aus trockenheitsresistenten Pflanzen wie zum Beispiel Immergrünes Fettblatt oder Mauerpfeffer bilden. Auch Gebirgsflora wie Edelweiß, Alpen-Kuhschelle oder Seifenkraut zieren Steingärten.

Schottergärten oder Kiesgärten hingegen – und darum geht es bei dem Steingarten-Verbot – beherbergen meist gar keine oder nur wenige blütenlose Pflanzen. Steine in Form von Schotter, Kies und auch größeren Steinen bilden oftmals im Zusammenspiel mit gepflasterten Flächen karge Schotterwüsten. Zu allem Überfluss werden anstelle von grünen Hecken oft Gabionen, also mit Steinen oder Schotter gefüllte Drahtkörbe als Abgrenzung genutzt.

 

 

Woher kommt der Trend zum Schottergarten?

Viele Menschen sind gegen die schleichende Verschotterung deutscher Vorgärten und würden es begrüßen, wenn Steingärten bald verboten würden. Und doch breiten sich die Steinwüsten immer mehr aus. Warum ist das so?

Dem Empfinden vieler Hausbesitzer nach steht ein ordentlich aussehender Vorgarten an erster Stelle. Auch auf Firmengeländen wird das saubere, repräsentative Erscheinungsbild von Schottergärten geschätzt. Vielen Menschen fehlt die Zeit für die Gartenpflege. Schnell kann ein Garten ungepflegt und verwildert aussehen, wenn sein Besitzer sich nicht regelmäßig ins Beet begibt. Die Verlockung, einfach einen Steingarten anzulegen, ist nachvollziehbar. Der Pflegeaufwand wird als gering eingeschätzt. Auch erhoffen sich Steingarten-Besitzer, Nachbarn und Passanten mit ihrer steinernen Anlage möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten was Unordnung und Verwilderung angeht. Bequemlichkeit, Zeitnot und Unsicherheit greifen hier ineinander. Dass sich über Geschmack nicht streiten lässt ist dabei wahrscheinlich noch das kleinste Problem. Die sozialen Medien oder die Google Bildersuche bieten unter dem Stichwort „Gärten des Grauens“ eine teils amüsante und zugleich erschreckende Auswahl an Bildern.

 

Was sind die Nachteile von Steingärten?

 

Reinigung und Pflege

Frisch angelegt mag ein Steingarten durchaus ansehnlich sein - vermeintlich pflegeleicht und im modernen Look. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es dabei nicht bleibt. Durch Laub, Staub und umherfliegende organische Teile bildet sich zwischen den Steinen nach und nach ein Nährboden für spontane Begleitvegetation oder platt gesagt Unkraut. Auch Durchwachssperren aus Vlies, Folie oder Beton können dies nicht verhindern.

Steine können außerdem vermoosen oder veralgen und so unansehnlich werden. Das Ende vom Lied: Es entsteht letztlich doch Pflegeaufwand. Steine und Schotter müssen regelmäßig gereinigt werden. Mancher Steingarten-Besitzer greift dann zum Hochdruckreiniger oder setzt schädliche chemische Mittel ein, um die Steine zu säubern – Gift für Lebewesen und Grundwasser. Gegen unerwünschte Pflanzen kommt das unschädlichere Abflammen, aber auch umweltschädliche illegale Herbizide zum Einsatz. Nach drei bis 10 Jahren, so Gartenratgeber, müssen die Steine ersetzt werden.

 

Naturschutz und Naturerlebnis

Als sehr negativ wird von Befürwortern des Steingarten-Verbots auch das fehlende Naturerlebnis für den Menschen bewertet. Aber das ist nicht der schwerwiegendste Nachteil. Besonders fatal wirkt sich der Mangel an Pflanzen und Blüten auf den bereits drastischen Rückgang von Bienen und anderen Insekten aus. Die heimische Tierwelt findet in Steingärten bzw. Schottergärten wenig bis keine Nahrung. Das Problem des Artensterbens in Deutschland wird durch die wachsende Zahl von Steingärten verschärft. Durch die Versiegelung oder zumindest Abdeckung des Bodens finden Tiere wie Singvögel, Igel und andere Kleintiere nicht ausreichend Nahrung, Brutstätten und Rastplätze.

 

Stichwort Mikroklima/Stadtklima

Schottergärten haben aber noch mehr fatale Auswirkungen. Da sich keine oder nur wenige Pflanzen auf den kargen Flächen befinden, also auch kein Mutterboden und Wurzelwerk, wird kein Wasser gespeichert. Bei Hitze bringen Schottergärten keine Abkühlung durch verdunstende Feuchtigkeit, sondern speichern Wärme. Die nächtliche Abkühlung wird erschwert. So tragen sie dazu bei, dass sich das Mikroklima oder Stadtklima verschlechtert. Die negativen Auswirkungen von Hitzesommern, aber auch immer häufiger auftretende Starkregenfälle können durch Schottergärten nicht so gut abgefangen werden wie von grünen Gärten mit heimischer Vegetation. Die Kanalisation kann so schnell überlastet sein.

 

Kommt jetzt das Steingarten-Verbot?

Naturschutzverbände und private Initiativen kritisieren die zunehmende Anzahl an Schottergärten und fordern ein Steingarten-Verbot in städtischen Bebauungsplänen.

In der Politik ist die problematische Lage noch nicht überall Thema. Ein Positiv-Beispiel ist Bremen: Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) will ein Gesetz auf den Weg bringen, das Hausbesitzern das Anlegen von Steingärten verbietet, zumindest, wenn es um neue Bebauungspläne geht. Eine Liste mit insektenfreundlichen Pflanzen soll Bauherren bei der umweltfreundlichen Gartengestaltung helfen. Bestehende Schottergärten dürfen vorerst bleiben.

In Heilbronn wurde bereits im Jahr 2015 erstmals im Bebauungsplan eines neuen Stadtteils das Anlegen von Schottergärten verboten.

Besonders in Nordrhein-Westfalen gibt es viele Initiativen gegen Schottergärten. Beispiel Dortmund: Steingärten sind hier bereits in neuen Bebauungsplänen der Stadtteile Hombruch und Wickede verboten. Außerdem müssen bei Neubauten Flachdächer begrünt werden. Wasserdichte Schotterbeete sind bereits in Herford verboten. Wenn es nach den Grünen geht, sollen in Hagen ebenfalls Schotterwüsten und Kiesgärten bald der Vergangenheit angehören.

Aber auch in den anderen Bundesländern steht das Thema Steingarten-Verbot auf der Agenda. Viele Hauseigentümer empfinden ein Verbot jedoch als zu drastisch und als einen zu großen Eingriff in ihre Privatsphäre.

Ebenfalls Stellung bezogen haben mittlerweile die Umweltminister der Länder. Auf ihrer Hamburger Konferenz im Mai dieses Jahres haben sie sich für eine Kampagne für insektenfreundliche Privatgärten eingesetzt.  Durch das "Aktionsprogramm zur Förderung insektenfreundlicher Privatgärten in Deutschland" sollen Gartenbesitzer bei der Gestaltung ihrer Gärten informiert und unterstützt werden. Es kommt hier aber auf die freiwillige Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger an. Denn ein Verbot von Steingärten ist dies nicht.

Das Gesamtprogramm "Aktionsprogramm Insektenschutz" des Bundesumweltministeriums soll die Kampagne finanzieren. Bis Sommer 2019 will das Bundeskabinett dazu einen Beschluss fassen.

 

Pflegeleicht und insektenfreundlich - Alternativen zum Schottergarten

Schottergärten vermeiden und trotzdem einen pflegeleichten insekten- und klimafreundlichen Garten anlegen? Das geht durchaus. Achten sie darauf, beim Anlegen des Gartens auf möglichst pflegeleichte, heimische Pflanzen zu setzen. So empfiehlt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) zum Beispiel Wildpflanzen wie Storchenschnabel, Wollziest, Besenginster, Walzenwolfsmilch oder Wiesensalbei.  Auf bestimmte Neophyten, also nicht-heimische Pflanzen, sollte am besten verzichtet werden. Japanischer Knöterich oder das indische Springkraut sind beispielsweise dafür bekannt, andere Pflanzen durch ihren dominanten Wuchs zu verdrängen. Diese und viele weitere Tipps und Hinweise bieten Internetseiten wie die des NABU  und anderer Umweltorganisationen.

Auch bei Gärtnereien und Pflanzencentern bekommen Sie viele Tipps und Hinweise.

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