Was bringt die geplante Grundsteuerreform für Hausbesitzer und Mieter?
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Gemeinden. Doch ihre Erhebungskriterien sind veraltet. Das hat das Bundesverfassungsgericht im April 2018 dazu veranlasst, eine Reformierung des Grundsteuergesetzes (GrStG) bis Ende 2019 zu verlangen. Erfahren Sie hier, wie sich die jetzt festgelegten Eckpunkte der Grundsteuerreform für Haus- und Grundbesitzer und Mieter auswirken können.
Wie wird die Grundsteuer berechnet? Warum ist sie verfassungswidrig?
Wer in Deutschland eine Immobilie oder unbebauten bebaubaren Grund besitzt, muss Grundsteuer zahlen. Doch warum hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung für verfassungswidrig erklärt?
Für die Berechnung der Grundsteuer gelten sogenannte Einheitswerte. Diese Werte sollen den Verkehrswert von Immobilien und Grundstücken widerspiegeln und damit als Grundlage für eine gerechte Besteuerung dienen. Die Grundsteuer wird berechnet, indem der Einheitswert mit zwei weiteren Größen multipliziert wird: der Grundsteuermesszahl und dem Grundsteuerhebesatz. Die Grundsteuer fällt also um so höher aus, je höher der Einheitswert ist.
Die aktuell verwendeten Einheitswerte wurden in den alten Bundesländern im Jahr 1964 festgelegt. Zu einer Anpassung kam es seitdem nicht, obwohl nach Paragraf 21 Absatz 1 Bewertungsgesetz die Einheitswerte grundsätzlich alle sechs Jahre neu festgestellt werden müssen. In den neuen Bundesländern wurden die Einheitswerte gar im Jahr 1935 festgelegt, was den Reformdruck zusätzlich erhöht.
Die Grundsteuerberechnung auf Basis der antiquierten Einheitswerte hat über die Jahrzehnte dazu geführt, dass es bei der Höhe der Grundsteuern für Eigentümer vergleichbarer Immobilien zum Teil erhebliche Unterschiede gibt.
Was soll sich durch die Grundsteuerreform ändern?
Die Reform der Grundsteuer soll zu einer fairen und sozial gerechten und zeitgemäßen verfassungsfesten Steuerverteilung führen. Gleichzeitig darf das neue Modell aber nicht zu kompliziert sein. Sonst droht ein unverhältnismäßiger Mehraufwand an Bürokratie, was den Steuerzahler wiederum belasten würde.
Die zentrale Überlegung bei der Überarbeitung der Grundsteuerberechnung dreht sich um die Frage, ob der Wert von Immobilien eine Rolle spielen soll (wie bisher, nur dann mit aktuelleren Daten) oder ob allein die Wohn- und Grundstücksfläche ausschlaggebend ist. Diese beiden Modelle wurden von Fachleuten zuletzt als „WAM“ (wertabhängiges Modell) und „WUM“ (wertunabhängiges Modell) diskutiert.
Eckpunkte der Grundsteuerreform
Finanzminister Olaf Scholz und seine Länderkollegen haben sich nun am 1. Februar für ein wertabhängiges Modell ausgesprochen. Die gemeinsam festgelegten Eckpunkte für die Grundsteuerreform beinhalten unter anderem drei wesentliche Faktoren:
1. Die Mieten
Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage sollen durchschnittliche, nach Mietstufen gestaffelte Nettokaltmieten aus der Datensammlung Mikrozensus des Statistischen Bundesamts herangezogen werden. Als Ausnahme gelten Nettokaltmieten, die stark von diesem Durchschnitt abweichen. Eine Anknüpfung der Berechnung an die individuellen Nettokaltmieten konnte Bundesfinanzminister Olaf Scholz nicht durchsetzen.
2. Das Baujahr der Immobilie
Das Bundesfinanzministerium nennt das Baujahr des Gebäudes einen notwendigen Bewertungsparameter. Die Bewertung soll vereinfacht werden, indem bei vor 1948 erbauten Immobilien die Angabe „Gebäude erbaut vor 1948“ genügt.
3. Der regionale Bodenrichtwert
Um Grund und Boden zu bewerten, werden Bodenrichtwerte herangezogen. Sie werden ermittelt aus dem Durchschnitt der amtlich gesammelten Grundstückskaufpreise einer Region und zusätzlichen wertbeeinflussenden Faktoren. Bodenrichtwertzonen können zur Vereinfachung von den zuständigen Gutachterausschüssen zu größeren Lagen zusammengefasst werden. Kommunen mit einem im Landesvergleich unterdurchschnittlichen Bodenrichtwert können mit einer Anhebung auf mittleres Bodenwertniveau entlastet werden.
Steigt die Steuerlast durch die Grundsteuerreform?
Die Finanzministerkonferenz betont, dass die Steuerbelastung durch die Grundsteuerreform nicht steigen soll. Ob die Reform aber wirklich aufkommensneutral umgesetzt werden kann, wird von Experten bezweifelt.
Mehrbelastungen könnten sich für Eigentümer selbst genutzter Immobilien ergeben. Mieter sind ebenso betroffen, denn die Grundsteuer gehört zu den umlagefähigen Nebenkosten. Erhöht sich die Grundsteuer, steigen die Nebenkosten und somit die Gesamtmiete. Der seine Immobilie selbst nutzende Eigentümer hat nicht die Möglichkeit zur Umlage. Er muss die Grundsteuer selbst abführen.
Mit einer höheren Steuerbelastung kann insbesondere in gefragten Städten gerechnet werden. Hier sind die Immobilienpreise in den letzten Jahren stark gestiegen. Durch das geplante wertabhängige Modell wirkt sich der gestiegene Immobilienwert direkt auf die Höhe der Grundsteuer aus.
Auch bei Immobilien im ehemaligen Ost-Berlin kann es zu einer höheren Steuerbelastung durch die Grundsteuerreform kommen, da dort bisher noch die 1935 festgelegten geringeren Einheitswerte gelten. Dies sind mögliche Szenarien, die aber bisher reine Spekulation sind. Erst im Zuge der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Gesetzesreform wird das ganze Ausmaß sichtbar werden.
Bis spätestens Ende 2019 müssen die neuen Bewertungsregeln geschaffen worden sein. Gelingt dies nicht, würde die Grundsteuer faktisch erst einmal wegfallen. Nach Inkrafttreten der Neuregelung wird es für die Anwendung des Gesetzes eine Übergangsfrist von fünf Jahren geben. Spätestens am 31. Dezember 2024 endet die Frist.