Unser neues Verhältnis zur Digitalität in Alltag und Beruf
Am Ende sind es Begrifflichkeiten, die eine Ära prägen. Für die Corona-Pandemie ist die Voraussage nicht allzu schwer zu treffen: Social Distancing ist das vielleicht wichtigste Schlagwort der ersten weltumspannenden Krise des 21. Jahrhunderts. Gemeint ist die drastische Einschränkung persönlicher Kontakte, im Privaten wie im Beruflichen. Gemeint ist die Vermeidung von Händedruck und Umarmungen.
Digitaler Wandel durch die Krise
Während weltweit Straßen, Einkaufszentren, Fußballstadien, Schulen, Universitäten und Bürogebäude verwaist waren, ist das öffentliche Leben umgezogen: Auf die Bildschirme, ins Internet. Nie zuvor in der Geschichte des weltweiten Netzes war ein vergleichbarer Traffic zu verzeichnen wie seit Beginn des Lockdowns. Microsoft meldet allein für Windows-10-Geräte vier Billionen Nutzungsminuten pro Monat was einer Steigerung von 75 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Heimkino-Anbieter Netflix begrüßt 15,8 Millionen neue Abonnenten im ersten Quartal 2020 und erwischt damit selbst optimistische Analysten auf dem falschen Fuß, die bestenfalls mit der Hälfte gerechnet hätten. Und die DE-CIX Group twitterte im März, dass der Datendurchsatz am größten Internetknotenpunkt der Welt in Frankfurt alle bisherigen Rekorde geschlagen hat: Am 10. März dieses Jahres wurde einen Traffic von mehr als 9 Terabit pro Sekunde gemessen.
Digitale Kommunikation durch Video-Chats
Solche Zahlen werden von einer Krise getrieben, die sich immer mehr als Schrittmacher der digitalen Transformation erweist. Dies gilt in besonderem Maße für die Wirtschaft, die so schnell wie mögliche digitale Alternativen etablieren muss. Der Videochat-Anbieter zoom gehört deshalb zu den größten Gewinnern der Krise. Denn wo keine persönlichen Gespräche in Konferenzräumen mehr möglich sind, wo keine Flieger mehr gehen, da wird die Möglichkeit, online zu konferieren zum entscheidenden Tool für Unternehmen: Mit 300 Millionen Meeting-Teilnehmern allein im April, konnte das Unternehmen innerhalb von vier Monaten eine astronomische Steigerung um 2.900 Prozent feiern.
Digitalisierungsschub - aus der Not geboren
Galt die Digitalisierung von Geschäftsprozessen zuvor vielerorts noch als nice to have, setzt mittlerweile ein Run auf die digitalen Tools ein, die es ermöglichen im B2B- und im B2C-Segment nahtlos weiterzuarbeiten. Die neue Digitalität zeichnet sich durch die Qualität aus, persönliche Kontakte mit den richtigen Tools beinahe gleichwertig zu virtualisieren. Experten erwarten deshalb auch, dass es nach der Corona-Pandemie nicht zu einer kompletten Restauration des Status quo ante kommt, sondern zu einer verstärkten Kombination aus persönlichen Kontakten und einer neuen, netzbasierten Realität. Wer einmal nassgeregnet wurde, besorgt sich halt einen Schirm.
Alles auf dem Prüfstand
Überall dort, wo bisher, die physische Anwesenheit Voraussetzung für ein Bildungsangebot, den Erhalt des Arbeitsplatzes, einen Geschäftsabschluss, oder eine unternehmerische Entscheidung gewesen ist, steht alles auf dem Prüfstand. Es ließe sich umgekehrt auch fragen: Wo lässt sich persönlicher Kontakt ohne Reibungsverluste mit digitalen Mitteln vermeiden?
Die Lockdown-Phase hat gezeigt, dass Homeoffice als Alternative zum Schreibtisch im Büro mehr als eine Notlösung ist. Die Mehrheit der Heimarbeiter kann sich vorstellen auch nach der Pandemie öfter die Option Homeoffice zu nutzen. Aktuellen Umfragen zufolge hat die Produktivität von Mitarbeitern im Remote-Modus nicht gelitten. Im Gegenteil: Durch den Wegfall von Anfahrtswegen und zeitaufwendigem Pendelverkehr konnte die individuelle Leistung oft sogar noch gesteigert werden. Viele Unternehmen fragen deshalb jetzt ganz bewusst: Welche Erfahrungen aus dem Lockdown können wir mitnehmen in unseren neuen Arbeitsalltag?
Homeoffice als Standardlösung
Die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, wird definitiv zum Standard moderner Unternehmen werden. Viele Geschäftsleute stellen verdutzt fest, dass das Gros ihrer Flugreisen zu Besprechungen zu vermeiden gewesen wäre. Ein Kosten- und Zeitaufwand, der sich oft als nackte Ressourcenverschwendung entpuppt hat. Auch hier werden niedrigschwellige Videokonferenzen Vielflieger-Programme wie „Miles and more“ nachhaltig hinterfragen.
Digitale Transformation erfordert Anpassung der Prozesse
Die wichtigste Voraussetzung für die konsequente Digitalisierung ist die Bereitschaft, sich von jahrzehntelanger Gewohnheit zu verabschieden. Konkret heißt das für Unternehmen, alle bisherigen analogen Prozesse kritisch zu hinterfragen. Es wird nicht reichen, allein digitale Tools zu verwenden, um gewohnte Arbeitsabläufe im Kern unangetastet weiterlaufen zu lassen. Aus einem schlechten analogen Prozess wird nicht schon deshalb ein guter, weil man ihn digitalisiert. Unternehmen stehen mehr denn je vor der Herausforderung, nachhaltige Antworten auf die Frage nach ihrer Zukunftsfähigkeit zu finden.
Elektronische Signatur
Ein Beispiel, das für viele andere steht, ist die elektronische Signatur. Mit ihr lassen sich Unternehmensdokumente, Arbeits- oder auch Versicherungsverträge, Vorstandsentscheidungen und vieles mehr rechtsgültig signieren. Der Vorteil gegenüber dem analogen Prozess: Die E-Signatur kann ortsunabhängig von allen Prozessbeteiligten geleistet werden. Der zeitraubende postalische Vertriebsweg entfällt ebenso wie persönliches Erscheinen zum Unterzeichnen.
Das nützliche Werkzeug kommt bereits in vielen Branchen zum Einsatz: Bauindustrie, Bildungseinrichtungen, Kliniken, Versicherungen. Anbieter wie der US-Gigant Docusign oder die Europäer von XiTrust verzeichnen einen signifikanten Anstieg im Neukundengeschäft seit dem Lockdown. „Die Unternehmen wollen sich ihre Handlungsoptionen auch im Remote-Modus erhalten“, sagt Georg Lindsberger, CEO des E-Signatur-Spezialisten XiTrust. Das Unternehmen mit Sitz in Mönchengladbach entwickelt Businesslösungen rund um die elektronische Signatur. „Signaturen stehen für Entscheidungen“, weiß Lindsberger. „Die meisten Unternehmensentscheidungen – zumal auf Vorstandsebene – hängen am Ende an der Unterschrift unter einem Dokument. Sonst geht nichts weiter.“
Elektronische Signatur auch für Endkunden
Aber auch die B2C-Welt wird künftig vom Digitalisierungsschub in immer mehr Verzweigungen erschlossen werden. Beispiel Versicherungen: Das Gros der Versicherungsverträge und Schadensdokumente wird vom Endkunden handschriftlich unterzeichnet. Während die elektronische Signatur auf Unternehmensebene zum Standard wird und analoge Prozesse effektiv ersetzt, ist das Endkundengeschäft vielerorts noch nicht digitalisiert. Das kostet Zeit und Geld.
Digitale Identität
Einer der Gründe dafür ist oft das Fehlen einer digitalen Identität. Gerade im Endkundengeschäft stoßen digitale Konzepte genau an diesem Punkt noch immer an Grenzen. Um sich selbstverständlich und rechtssicher im Netz zu bewegen, ist sie aber die wichtigste Voraussetzung, denn sie schützt die Integrität von Dokumenten und die Authentizität von Personen, ist damit eine Grundvoraussetzung, Datenmissbrauch zu verhindern.
Sicher im Netz
Die 2-Faktoren Authentifizierung in einer Public-Key-Infrastructure begründet die digitale Identität: Durch die persönlichen Zertifikate eines staatlich anerkannten Vertrauensdiensteanbieters kann niemand anderes als der Besitzer selbst mit der so generierten Fernsignatur etwas anfangen. Sie berechtigt zur qualifizierten elektronische Signatur – weltweit. Das asymmetrische Verschlüsselungsverfahren garantiert, dass jede Unterschrift eindeutig zuzuordnen ist (Authentizität) und dass elektronisch signierte Dokumente nicht mehr nachträglich geändert werden können (Integrität).
Arbeitsverträge elektronisch signieren
Kontoeröffnung, Handyvertrag, Kreditantrag, Leihwagen: Die Einsatzbandbreite von qualifizierten elektronischen Signaturen ist universell: Überall dort, wo Verträge rechtsgültig unterschrieben werden müssen, kommt sie inzwischen zum Einsatz. Ein weiteres Feld, auf dem die elektronische Signatur verstärkt zum Einsatz kommt sind Arbeitsverträge. Gerade während der Corona-Krise hat das Prozesse beschleunigt: Anträge auf Kurzarbeit müssen zum Beispiel auch vom Arbeitnehmer unterschrieben werden. Je schneller je besser. Treiber des Trends ist deshalb auch die Personaldienstleistungsbranche, die e-Signaturen in ihr Vertragsmanagement fest integrieren.
Weg zur digitalen Identität
Der derzeit meistgenutzte Service zur Erlangung einer digitalen Identität ist das Video-Ident-Verfahren. Dazu braucht man einen PC mit Internetverbindung, ein Handy und den Personalausweis. Am Ende des etwa 10-minütigen Registrierungsprozesses durch geschulte Callcenter-Agents am Bildschirm, erhält man eine SMS mit TAN-Code zur Bestätigung der Authentifizierung. Wie das genau geht, wird hier im Video erklärt
Wer diesen Aufwand scheut, hat ebenso die Möglichkeit, sich mit App und Personalausweis zu authentifizieren: Mit der vollen Rechtssicherheit der digitalen Identität können auch Nutzer dieses Verfahrens online rechtsgültig signieren. App-Lösungen wie diese zielen auf komplett digitalisierte Abläufe am Point of Sale und gelten als B2C-Beschleuniger von morgen.
Mit der elektronischen Signatur wird deshalb auch die digitale Identität zum neuen Alltag im Zeitalter der digitalen Transformation gehören. Sie ersetzt als eID in Zukunft den Personalausweis und stellt die Identität jeder Rechtsperson auch online sicher. Kein Schnellschuss: Seit 2017 verfügt jeder bundesdeutsche Personalausweis über einen eID, der mit der zugehörigen PIN für die online-Authentifizierung vorausgesetzt wird.
Cloud Services als Mainstream
Die elektronische Signatur steht nicht zuletzt für die Vision des papierlosen Büros. Wo Signaturprozesse digitalisiert sind, braucht es keine meterlangen Archivregalwände mehr, um die Dokumente zu lagern. Diese betrifft am Ende die gesamte IT-Infrastruktur eine Unternehmens. Denn die muss längst nicht mehr inhouse verankert sein, es gibt einen Trend zu Cloud-Services. Das wachsende Vertrauen in SaaS-Modelle (Software as a Service) erweist sich dabei als Motor dieser Entwicklung: So lässt sich eine professionelle Digitalisierung ohne großen Aufwand innerhalb kürzester Zeit auch für KMU darstellen.
Grenzen der Digitalsierung
Bei aller Euphorie für digitale Prozesse, bleibt dennoch festzustellen, dass es für bestimmte Dinge kein digitales Pendant geben kann: Nicht für den vertrauensvollen Blickkontakt mit Kunden und Geschäftspartern, nicht für die Inspiration durch ein spontanes Gespräch im Bürogang und auch nicht für eine Umarmung als Zeichen der Sympathie.
Cyberschutz-Versicherung für Privatpersonen
Weil es trotz größter Vorsicht zu Problemen im Internet kommen kann, bietet die GEV einen Cyberschutz in der Hausratversicherung (Max-Tarif) an. Er leistet unter anderem dann Schadenersatz, wenn es zu Vermögensschäden zum Beispiel durch Phishing, Pharming und Skimming oder durch Ärger mit Onlinehändlern kommt.