Was ist Erbpacht überhaupt?
Wird umgangssprachlich von Erbpacht gesprochen, ist eigentlich das Erbbaurecht gemeint. Durch das Erbbaurecht kann man auf fremden Boden ein Haus errichten und dieses besitzen, obwohl dem Hauseigentümer das Grundstück nicht gehört. Vereinbart man also einen Erbbaurechtsvertrag, kann man die Kosten für einen Grundstückserwerb sparen. Allerdings muss man einen Erbbauzins, die sog. Erbpacht, an den Grundstücksbesitzer zahlen.
Wie wird der Erbbauzins berechnet?
Der Erbbauzins orientiert sich meist am Grundstückswert und liegt in der Regel zwischen drei bis fünf Prozent. Dies bestimmt der Grundstückseigentümer und wird vertraglich festgelegt. Der Erbbauzins ist dann – je nach Vereinbarung – viertel-, halbjährlich oder jährlich fällig. Der Erbbauzins kann sich im Laufe der Jahre ändern. Auch dies sollte im besten Fall bereits vertraglich festgelegt werden damit der Immobilienbesitzer keine bösen Überraschungen erfährt. Es kann ebenfalls vereinbart werden, dass sich der Erbbauzins an einem vereinbarten Preisindex anpasst. Grundlage kann der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes sein.
Vorteile des Erbbaurechts
Der größte Vorteil ist sicherlich, dass man als Bauherr keine Finanzierung des Grundstückpreises aufbringen muss, schließlich sind die Grundstückpreise in vielen Städten und Gemeinden momentan sehr hoch. Somit ist die Erbpacht gerade für Familien mit einem geringeren Baubudget eine Chance, dennoch eine eigene Immobilie zu bauen.
Der Eigentümer des Erbbau-Grundstücks verhandelt mit dem Hausbesitzer in Spe den Erbbauzins (umgangssprachlich Erbpachtzins), die Summe ist zwischen den Vertragsparteien frei wählbar und wird meist über einen sehr langen Zeitraum – nicht selten über 99 Jahre – vereinbart. Dies gibt dem Bauherrn natürlich Sicherheit.
Gerade für Familien ist ein Erbpachtvertrag mit der Kirche oder der Gemeinde besonders empfehlenswert, da diese für Familien besonders gute Konditionen anbieten.
Nachteile des Erbbaurechts
Der größte Nachteil der Erbpacht ist, dass der Bauherr als Pächter nicht auch Eigentümer des Grundstücks ist. Und dies wird er auch nicht nach Ablauf des Erbpachtvertrages. Dies ist zusätzlich der größte Unterschied zu einer klassischen Baufinanzierung. Denn dieses ist in der Regel nach 35-40 Jahren abbezahlt und das Grundstück fällt ins Eigentum des Bauherrn. Verstirbt der Erbpachtnehmer, kann es sein, dass die Erben das Haus an den Grundstückseigentümer unter Wert verkaufen müssen. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Eigentümer des Grundstücks den Pachtvertrag vorzeitig auflöst (sog. Heimfall). Dies kann der Fall sein, wenn beispielsweise der Hausbesitzer die Immobilie verwahrlosen lässt, das Grundstück zweckentfremdet, Zinszahlungen ausbleiben oder Eigenbedarf angemeldet wird. Letzteres sollte auf jeden Fall vertraglich ausgeschlossen werden.
Wie bei einem „normalen“ Grundstückskauf, muss auch der Erbbaurechtsvertrag notariell beurkundet werden.
Und – was viele nicht wissen – obwohl eigentlich kein Grund erworben wird, ist auch beim Erbbaurecht die Grunderwerbssteuer fällig.
Außerdem lassen sich die Immobilien schlechter wieder verkaufen, da man erst einen Käufer finden muss, der sich auf die besondere Eigentumslage einlässt.
Baufinanzierungen für das Eigenheim können mit einem Erbpachtgrundstück höher ausfallen, da Banken unter Umständen meist höhere Zinsen verlangen. Dies ist natürlich – gerade jetzt wo die Finanzierungszinsen niedrig sind – ein Nachteil.
Zu guter Letzt: Der Erbbauzins wird Jahr für Jahr fällig, d. h. auch über 99 Jahre.
Was passiert, wenn die Erbpacht ausläuft?
Dies ist ein ganz besonders kniffliger Punkt im Rahmen der Erbpacht! Läuft das Erbbaurecht aus oder wird der Vertrag vorzeitig beendet, ohne dass der Grundstückseigentümer an den Vertragspartner ein Verlängerungsangebot gemacht hat, wird der Grundstückseigentümer per Gesetz Eigentümer der Immobilie. Allerdings muss der Grundstückseigentümer an den Immobilienbesitzer eine Entschädigung zahlen. Die Entschädigungsgrenze sollte im Erbbaurechtsvertrag geregelt sein. Der Immobilienbesitzer sollte aber wissen, dass dies meist ein Verlustgeschäft für ihn ist. Wird die Entschädigungsleistung ausgeschlagen, verliert der Immobilienbesitzer sein Haus ohne Gegenleistung! Übrigens: Einen rechtlichen Anspruch auf Vertragsverlängerung haben Immobilienbesitzer nicht. Schon deshalb sollte rechtzeitig mit dem Grundstückseigentümer Kontakt aufgenommen und eine Verlängerung verhandelt werden. Diese sollte vor Ablaufdatum ins Grundbuch eingetragen werden. Bedenken Sie, dass dies Zeit kostet. Läuft der Vertrag aus, muss ein neuer Vertrag geschlossen werden.
Unsere Tipps zur Erbpacht
Wenn Sie trotz aller Bedenken und vorliegenden Nachteile einen Erbbaurechtsvertrag abschließen, möchten Ihnen unsere Immobilienspezialisten folgende Tipps mit auf den Weg geben:
- Überlegen Sie sich gut, ob Sie einen Erbbaurechtsvertrag eingehen wollen und ob sich die Erbpacht für Sie wirklich lohnt.
- Schließen Sie nach allen Abwägungen dennoch einen Erbbaurechtvertrag ab, sollte bei Vertragsschluss die Laufzeit neu beginnen.
- Vereinbaren Sie ein Vorkaufsrecht auf das Grundstück und lassen Sie dieses notariell beurkunden.
- Wenn möglich vereinbaren Sie, dass Sie unter Umständen das Grundstück frühzeitig erwerben können, beispielsweise wenn sich Ihre finanzielle Lage verbessert.
- Achten Sie bei Vertragsschluss auf Klauseln, die die Pachtzinserhöhungen betreffen. Es kann nämlich sein, dass der Grundstückseigentümer jahrelang den Erbpachtzins nicht erhöht und dann auf einmal 200 bis 500 Prozent mehr verlangt.
- Achten Sie auf eine rechtzeitige Vertragsverlängerung vor Ablauf des Erbpachtvertrags.