Darf ein Versicherer einfach so die Versicherung kündigen?
Die Suche nach dem attraktivsten Tarif gelingt dank Internet meist mühelos und so wechseln viele Verbraucher ihren Versicherer beinahe regelmäßig, wenn sich ihnen ein besseres Angebot bietet. Das ist ihr gutes Recht. Selbstverständlich wechseln nicht alle Kunden regelmäßig ihre Versicherung. Sehr viele vertrauen gern auf den einmal gut ausgewählten Versicherungstarif und möchten sich gar nicht immer wieder neu mit dem komplizierten Vertragswerk der Versicherungsprodukte beschäftigen. Umso größer ist das Entsetzen, wenn der Versicherer den Vertrag zum nächsten Ablauftermin kündigt. Denn auch der Versicherer hat ein Kündigungsrecht.
Wie konnte das passieren?
Tatsächlich gibt es mehrere Gründe, die einen Versicherer unter Umständen zur Beendigung eines Vertrages bewegen. Dies geschieht grundsätzlich zum Wohl der gesamten Versichertengemeinschaft, denn die Ursachen liegen meist in dem versicherten Risiko oder einer fehlenden Beitragszahlung. Damit nicht indirekt alle Versicherten gemeinsam dafür aufkommen müssen, zieht der Versicherer sozusagen die Notbremse. Doch was genau kann im Einzelnen die Kündigung des Versicherers verursachen?
Fehlender Zahlungseingang vor Beginn der Versicherungslaufzeit
Damit der Versicherungsschutz überhaupt startet, ist die Zahlung des Erstbeitrages erforderlich. Bleibt diese aus, kann der Versicherer von dem Vertrag zurücktreten. Die genauen Einzelheiten sind in den Bedingungen des Vertrages und in § 37 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Versäumt der Versicherungsnehmer die Zahlung einer sogenannten Folgeprämie, wird er zunächst erinnert, später gemahnt und schlussendlich folgt die Beendigung des Versicherungsvertrages innerhalb einer angekündigten Frist. Die gesetzliche Grundlage dazu findet sich im § 38 des VVG. In beiden Fällen wurde in der Regel nicht das Lastschrifteinzugsverfahren gewählt, welches bei einem gedeckten Konto die Abbuchung des Versicherungsbeitrags sichert. Viele Kunden entscheiden sich für die Überweisung per Rechnung, um den Versicherungsbeitrag vor der Zahlung noch einmal prüfen zu können. Doch auch beim Lastschrifteinzugsverfahren muss der Kontoinhaber eine falsche Abbuchung nicht hinnehmen und kann diese innerhalb von sechs Wochen bei seiner Bank rückgängig machen. Dieser Tipp erleichtert vielleicht die Entscheidung für die automatische Lastschrift. Ein weiterer Tipp: In den meisten Smartphones lassen sich Erinnerungen einstellen, diese kann man auch gut als persönliche Zahlungserinnerung für Versicherungsverträge nutzen. Am besten, noch bevor der Versicherer erinnert.
Achtung Umzug: Neue Adresse melden!
Wer sein Zuhause an einen anderen Ort verlegt, hat unter dem Stichwort „Neue Anschrift melden“ meist eine lange Liste abzuarbeiten. Übrigens gibt es im Internet vorbereitete Checklisten für den Umzug, damit auch nichts Wichtiges vergessen wird. Rutscht nämlich die Mitteilung der neuen Adresse an den Versicherer durch, kann die jährliche Rechnung nicht zugestellt werden. Zudem bleibt auch eine eventuell erforderliche Anpassung des Versicherungsschutzes aus. Deshalb: Im Falle eines Umzugs unbedingt den Versicherer benachrichtigen!
Steigt die Gefahr, steigt auch das Versicherungsrisiko
Wird ein einmal versichertes Risiko so verändert, dass es aus dem Rahmen des vereinbarten Versicherungsumfangs fällt, kann der Versicherer den Vertrag beenden. Ein Beispiel dafür wäre ein Ein- oder Mehrfamilienhaus, welches für längere Zeit oder auf Dauer unbewohnt ist, da es vielleicht zum Verkauf steht. Ein während dieser Zeit eintretender Schadenfall bliebe schlimmstenfalls monatelang unbemerkt und Maßnahmen zur Verringerung der Schadensumme können nicht oder erst später getroffen werden. Wird der Versicherer von einer solchen oder anderen Risikoerhöhung in Kenntnis gesetzt, kann er den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen kündigen.
Erst der Schaden, dann die Kündigung
Versichert oder nicht: Ärgerlich ist ein Schaden in jedem Fall. Umso besser, wenn der Versicherer hinter einem steht und Ersatz für den finanziellen Verlust leistet. Doch auch hier hat der Versicherer die Möglichkeit zur Vertragsbeendigung. Frühestens bei der ersten Schadenzahlung und spätestens nach Abwicklung des Schadenfalls kann der Versicherer den Versicherungsvertrag mit einer vierwöchigen Frist kündigen. Zu diesem drastischen Schritt greift der Versicherer in der Regel nicht ohne Grund: Oftmals stellt sich in diesen Fällen heraus, dass sich der Versicherungsgegenstand in einem sehr schlechten Zustand befindet und weitere Schäden wahrscheinlich sind. Dies wäre zum Beispiel bei Leitungswasserschäden an einem bereits maroden Rohrleitungssystem der Fall, das dringend sanierungsbedürftig ist. Oder wenn die Häufigkeit von gemeldeten Schäden zu Schadenzahlungen in einer Höhe führt, für die die eingezahlten Versicherungsbeiträge des Versicherungsnehmers nicht mehr ausreichen. Hier gilt es für den Versicherer besonders, die Versichertengemeinschaft zu schützen und nicht mit unverhältnismäßigen Zahlungen zu belasten.
Kündigung zum Vertragsablauf
Ebenso wie die Versicherungsnehmer kann auch der Versicherer jeden Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf kündigen, ohne dass er dafür eine Begründung liefern müsste. Doch natürlich macht der Versicherer das nicht ohne Grund. Gefährdet sind zum Beispiel besonders langjährige Kunden, die ihren Versicherungstarif bereits vor vielen Jahren ausgewählt und nie angepasst haben. In regelmäßigen Abständen legen die Versicherer neue Versicherungsprodukte auf und aktualisieren ihr Preis-Leistungs-Paket. Sehr langjährige Verträge können dementsprechend veraltet sein und im Rahmen einer Bestandserneuerung gekündigt werden. Das wirkt einerseits ungerecht, andererseits profitieren Kunden in der Regel von der Erneuerung des Versicherungstarifs. Denn mit unserer Lebenswelt verändern sich auch unsere Risiken und das spiegelt sich in neueren Versicherungstarifen entsprechend wieder.
Was tun, wenn die Kündigung des Versicherers im Briefkasten liegt?
Meist wird der Versicherer, bevor er einen Vertrag beendet, andere Wege zur Weiterführung des Vertrages gesucht haben. Das kann die Vereinbarung von Zuschlägen oder Selbstbehalten bei einer Gefahrerhöhung sein oder die Umstellung auf einen anderen Tarif. Flattert die Kündigung „ohne Vorwarnung“ ins Haus empfiehlt es sich, mit dem Versicherer Kontakt aufzunehmen und die Gründe zu erfragen. Im besten Fall lässt sich eine gemeinsame Lösung finden, um den Vertrag gegebenenfalls unter anderen Konditionen beizubehalten. Oder es kann eine Kündigungsumkehr vereinbart werden, so dass der Versicherungsnehmer den Vertrag beendet. Dies erleichtert unter Umständen den Abschluss eines neuen Vertrages bei einem anderen Versicherer.