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RATGEBER

Nachbarschaftsrecht – Wer darf was?

Unter Nachbarn herrscht nicht immer Frieden. Unbekannte Regeln, Unachtsamkeit und eine Prise Egoismus können auch den besten Nachbarschaftsfrieden stören. Wir klären in diesem Artikel anhand von Fallbeispielen, was im Nachbarschaftsrecht erlaubt ist und was nicht. Und erfahren Sie auch, wie das Nachbarschaftsrecht umgesetzt wird und was Sie tun können, wenn ein Streit entsteht.

Mutter und Sohn schlagen die alten Fliesen aus dem Bad. Das macht Lärm, aber ist natürlich unvermeidbar. Jeder Nachbar hat das Recht gelegentlich etwas zu renovieren.

Wer in eine neue Wohnung zieht, nutzt meistens die Gelegenheit, um sie nach dem eigenen Geschmack zu gestalten. Laut wird es, wenn die alten Fliesen abgeschlagen werden müssen. Und die Nachbarn? Die sollten über die Arbeiten und die Dauer informiert und die Ruhezeiten eingehalten werden.

 

Wenn Nachbaren stören 

Bei einem Nachbarschaftsstreit wähnen sich oft beide Seiten im Recht. Dass Bello gelegentlich bellt, auch nachts, ist doch eigentlich selbstverständlich. Auch das Musizieren am Sonntag sollte doch in Ordnung gehen. Und Grillen gehört zu einem richtigen Sommer doch einfach dazu, gern auch öfters unter der Woche. Das alles muss doch toleriert werden – oder?

 

Nachbarschaftsrecht: Was muss der Nachbar dulden?

Unter Nachbarschaftsrecht versteht man Gesetze, die Verantwortungen unter Nachbarn regeln. Dieses Recht ist dabei eine Sache der Bundesländer, der Kommunen und des Bundes selbst. Bei Mietern wird im Privatrecht festgelegt, was als Nachbarschaftsrecht gilt. Die Hausordnung oder der Mietvertrag geben hier Aufschluss, was wann erlaubt ist und was nicht.

Ein Leitprinzip im Nachbarschaftsrecht ist außerdem das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Nachbarn sollen damit einerseits kurzfristige Störungen so gut es geht vermeiden und andererseits solche Störungen dulden, wenn sie doch mal auftreten. Das wird mit regelmäßigen Gesprächen, Ankündigungen oder allgemein mit dem Austausch von wichtigen Informationen sichergestellt.

 

Was darf ein Nachbar laut Nachbarschaftsrecht nicht?

Es gibt jedoch Situationen, die Sie als Nachbar keineswegs dulden müssen. Eine andauernde Belästigung durch Lärm, Rauch oder Gestank müssen Sie nicht hinnehmen. Insbesondere, wenn Ruhezeiten und Regeln nicht eingehalten werden oder Schlichtungsversuche unbeantwortet bleiben, ist ein Nachbarschaftsstreit vorprogrammiert. Der wohl häufigste Streitgrund ist dabei die Ruhestörung oder Lärmbelästigung.

 

Ab wann ist es Ruhestörung oder Lärmbelästigung?

Eine Ruhestörung oder Lärmbelästigung ist es insbesondere dann, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden. Diese teilen sich auf in die Mittagsruhe, zwischen 13 und 15 Uhr sowie die Nachtruhe, die von 22 Uhr bis 06 Uhr reicht. In diesen Zeiten sind alle Nachbarn angehalten, Lärm zu vermeiden und diesen maximal auf Zimmerlautstärke zu begrenzen.

Gewisse Situationen fallen nicht unter diese Regelung, selbst in Ruhezeiten. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Babyschreie und Kinderlärm,
  • Gelegentliches nächtliches Bellen oder Miauen durch die Haustiere,
  • Gespräche in Zimmerlautstärke.

Entsteht Lärm nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig, sollten Sie nach einem klärenden Gespräch mit dem Nachbarn mit einem Lärmprotokoll beginnen. Entscheidend sind bei diesem die Dauer, die Häufigkeit und die Uhrzeit der Vorkommnisse. Wenn die Ruhestörung trotzdem über Tage und Wochen andauert, können Sie über das Ordnungsamt eine Verfügung erwirken. Wenn der Lärmpegel hingegen akut störend ist, etwa bei einer lautstarken Party mitten in der Nacht, können Sie die Polizei einschalten, wenn das Ordnungsamt zu dieser Zeit nicht erreichbar ist.

 

Zu welchen Zeiten darf man in der Wohnung musizieren?

Manchmal hilft bei lauten Nachbarn nur das Ohrenzuhalten: Mutter und Sohn zeigen es.

Musizieren ist in der Wohnung laut Nachbarschaftsrecht außerhalb der Ruhezeiten grundsätzlich erlaubt. Es gibt jedoch Unterschiede bei den Instrumenten: Schlagzeug oder Gesang erzeugen zum Beispiel mehr Lärm als ein Piano oder eine Triangel. Auch die Blockflöte sollte nur dann gespielt werden, wenn die Ruhe der Nachbarn dabei nicht gestört wird.

Wenn Sie Ihr Instrument regelmäßig einüben wollen, können Sie laut Entscheidung des Bundesgerichtshofs (V ZR 143/17) werktags 2 bis 3 Stunden und sonn- und feiertags 1 bis 2 Stunden lang bedenkenlos üben. Diese Einschätzung in Nachbarschaftsrecht beruht auf Eigentumswohnungen, sie kann aber unter Berücksichtigung der Hausordnung und des Mietvertrages auch bei Mietwohnungen zugrunde gelegt werden.

 

Haustiere in der Wohnung: Was muss der Nachbar dulden?

Haustiere sind grundsätzlich zu dulden, außer, sie verursachen eine dauerhafte Belästigung durch Lärm oder Gestank. In diesen Fällen hat der Haustierhalter dafür zu sorgen, dass die Belästigung ausbleibt. Auch hier gilt, dass zunächst das Gespräch gesucht werden sollte ehe das Ordnungsamt eingeschalten wird. Im schlimmsten Fall kann bei Hunden das Ordnungsamt verfügen, dass das Tier nicht mehr in der Wohnung gehalten werden darf.

Katzen haben dabei etwas mehr Freiraum: Da diese nicht dressiert und nicht so leicht kontrolliert werden können, ist gerade bei freilaufenden Katzen im Garten mehr zu dulden. Doch selbst hier kann sich bei artungerechter Haltung ein Problem ergeben, das eine Intervention erfordert. Wenn die Katze ihre Duftmarken im Treppenhaus setzt oder anfängt, fremde Türen und Möbel zu zerkratzen, muss auch hier der Haustierhalter einschreiten und für Ruhe sorgen.

 

Rasenmähen am Sonntag: Ist das erlaubt?

Nein. Das Rasenmähen ist laut § 7 der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung in Wohngebieten an Sonn- und Feiertagen ganztägig nicht erlaubt. Der Betrieb von motorbetriebenen Gartengeräten ist zudem an Werktagen während der Nachtruhe von 20 bis 07 Uhr nicht zulässig.

Für Mähroboter, die meist kleiner sind, gilt diese Verordnung nicht. Sie sollten in diesem Fall trotzdem die Sonntagsruhe wahren, ein leiseres Gerät verwenden und Rücksicht auf Ihre Nachbarn nehmen. Denn wenn diese sich durch den Mähroboter gestört fühlen, sollten Sie den Betrieb auf Werktage legen.

 

Grillen unter Nachbarn – Was ist erlaubt?

Grillen ist grundsätzlich erlaubt, wenn die Hausordnung oder der Mietvertrag nicht dagegensprechen und die Ruhezeiten eingehalten werden. Auch am Balkon ist Grillen grundsätzlich erlaubt, wenn dadurch keine Rauch- und Geruchsbelästigung entsteht. Sie können dem mit Hilfe eines Gas- oder Elektrogrills entgegenwirken und so Rücksicht auf Ihre Nachbarn nehmen.

Wie beim Urlaub auf Balkonien gilt hier, dass ein gesundes Mittelmaß an Grillvergnügen den Frieden unter Nachbarn wahrt. Im Nachbarschaftsrecht sind hier unterschiedliche Rechtsprechungen je nach Kommune und Bundesland maßgeblich. Wenn Sie jedoch den Grill 1, 2 Mal im Monat anwerfen, fällt das in den meisten Fällen in den nachbarschaftlich verträglichen Rahmen.

 

Hammerschlag, Leiterrecht und Wegerecht: Muss ich den Nachbarn auf das Grundstück lassen?

Ja, wenn die Arbeiten am Nachbarsgebäude anders nicht vorgenommen werden können. Der Nachbar kann das Hammerschlag und Leiterrecht in Gebrauch nehmen, wenn dieser das Vorhaben rechtzeitig anzeigt, die Arbeiten schnell und vorsichtig umgesetzt und das betretene Grundstück auf eigene Kosten in den vorherigen Zustand zurückversetzt. Für die Inanspruchnahme kann unter Umständen auch eine Geldzahlung gefordert werden.

Das Betreten des Nachbargrundstücks ist auch in anderer Hinsicht häufig ein Grund für Streit im Nachbarschaftsrecht. In unserem Ratgeber zum Thema Wegerecht erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten Sie dabei besitzen. Insbesondere die Präzision der Vereinbarungen sowie der richtige Vermerk im Grundbuch sorgen hier für Rechtssicherheit und Frieden unter Nachbarn.

 

Wer setzt eigentlich das Nachbarschaftsrecht um?

Gibt es Streit unter Nachbarn, wird vor jedem Gerichtsverfahren ein außergerichtlicher Schlichtversuch unternommen. Dieser kann entweder durch einen Schlichter oder durch einen Mediator erfolgen. Ein Schlichter erarbeitet anstelle des Gerichts mit allen Parteien eine Lösung. Ein Mediator hingegen arbeitet mit allen Streitparteien zusammen, damit diese selbst eine wohlwollende und freiwillige Problemlösung erarbeiten.

Wenn der Streit so weit eskaliert ist, ist das die mitunter letzte Chance für eine Einigung, die vergleichsweise kostengünstig und schnell ist. Ein Schlichter bewertet die Positionen und Interessen aller Seiten und nennt die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens. Ein solches Verfahren am Gericht sollte gut überlegt sein: Es ist zeitintensiv, stressig und birgt hohe Kosten. Es ist in fast jedem Fall besser, sich vorher gütlich zu einigen.

 

Unter Nachbarn ist vieles, aber nicht alles, erlaubt

Das Nachbarschaftsrecht regelt, was unter Nachbarn erlaubt ist und was nicht. Neben einem kleinen Paragraphendschungel, der je nach Bundesland oder Kommune anders gestrickt ist, ist dieses grundsätzlich überschaubar. Abseits der Ruhezeiten ist eine zeitweise Belästigung grundsätzlich zu dulden. Manche Situationen wie etwa spielende Kinder oder Babygeschrei fallen insbesondere nicht in das Nachbarschaftsrecht.

In anderen Situationen, etwa lang andauernden Belästigungen, ist zunächst ein freundliches Gespräch angemessen. Nach diesem Gespräch geben sich die meisten Nachbarn einsichtig und versuchen, Ihnen entgegenzukommen. Folgt keine Einsicht, können Sie bei akuten Problemen die Polizei einschalten oder über einen längeren Zeitraum mit Hilfe eines Protokolls das Ordnungsamt benachrichtigen. Sollte auch das nicht wirksam sein, wird ein Schlichtversuch unternommen. Scheitert dieser, bleibt nur der teure und stresshafte Gang zum Gericht, das die Sachlage verbindlich klärt.

 

Richtig versichert

Versicherungen sorgen bei Schadensfällen unter Nachbarn für eine finanzielle Entlastung. Mit Hilfe einer Privathaftpflicht können Sie Schäden am Hab und Gut der Nachbarn schnell und einfach regulieren. Sie und Ihre Familie sind so von den finanziellen Folgen der Schadensbegleichung geschützt.

 

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